Networking gegen das globale Übel?
Massenproteste und Demonstrationen sind nur die öffentlichste Form
des Widerstands gegen Globalisierung. Politische Aktivisten haben in den
letzten Jahren zahlreiche internationale Netzwerke aufgebaut und die neuen
digitalen Technologien als politisches Instrument genutzt, um lokale Initiativen,
NGOs, Einzelpersonen mit dem Rest der Welt zu verbinden.
NOW THAT EVERYBODY IS CONNECTED WE ARE WAITING FOR SOCIAL CHANGE!
Was passiert eigentlich in diesen Netzwerken? Jene Künstler, Aktivisten
und Theoretiker, die diese Netzwerke etabliert haben, sprechen im KIOSK.
Unter anderem: Drazen Pantic, Mitbegründer des legendären
Radiosenders B92 in Belgrad, der jetzt eine Galerie für digitale
Kunst in New York betreibt und der Philosoph und Aktivist Bifo Franco
Berardi, der derzeit an dem italienischen Piraten-TV-Netzwerk telestreet
arbeitet. Sie treffen auf Theoretiker und Organisatoren sozialer Bewegungen
u.a. Sandro Mezzadra, der die Migrantenproteste in Genua mitorganisierte
und die "Tavola Migranti" des italienischen Sozialforum gründete
und Valery Alzaga, die illegale Reinigungskräfte in der Initiative
"Justice for Janitors" innerhalb der größten amerikanischen
Dienstleistungsgewerkschaft organisiert.
Tulip House mit Matthias von Hartz in Kooperation mit NEURO-
networking europe, Multitude e.V., D-A-S-H, ein Projekt des JFF, unterstützt
von der EU- Komission und vom Bundesjugendministerium.
Archivierung: 27. und 28. Februar, 2004, MuffatHalle, München,
(parallel zum Kongreß NEURO - networking Europe)

Foto: Matthias von Hartz
Europäische Netzwerke
NETWORKING AGAINST GLOBAL WRONGS?
- Sexy Administrating -
Who wants to make the network accessible?
Zugänglichkeit und Archivierbarkeit von Netzwerken mit und ohne
externe Kontrolle über ihren Benutzerkreis hinaus.
Ted Byfield, New York, war Ko-Moderator der nettime-mailing-list, einer
der wichtigsten Kommunikationsplattformen der New-Media-Community und
ist derzeit Mitarbeiter an der Parsons School of Design und fellow of
the Design trust for Public Space
Zeljko Blace, Zagreb, leitet das Medienzentrum MaMa, ist Initiator von"a.network",
einer Plattform von Medienzentren in Süd-Ost-Europa und arbeitet
auch als Künstler und Kurator (u.a. new.media.culture.week "Critical
Upgrade!" Zagreb)
Byfield und Blace fragen sich nach der Funktion einer externen Kontrolle
von Netzwerken und Mailinglisten, die sich ihrer Meinung nach in den
letzten Jahren stark verändert hat.
"Trust the networks! If it is important, someone will archive it.
If I had trusted the network there would not be an archive!" Sie
beobachten heute eine Veränderung von gut ausgestattenten formellen
Strukturen in schlecht planbare informelle kollaborative Systemen. Dabei
kommen sie zu dem Schluss, dass gerade dafür der externen Kontrolle
durch Informations- und Systemmanagement eine zunehmende Bedeutung zukommt.
- Freedom Cocktail - Freedom of Movement+Freedom of
Communication?
Freedom Cocktail - Der Zusammenhang zwischen freiem Zugang zu Informationen
in den Medien und der Bewegungsfreiheit zwischen Nationalstatten.
Sandro Mezzadra, Bologna, ist Professor für Geschichte des politischen
Denkens in Bologna, Mitorganisator der Migrantendemo beim G8 in Genua
und Mitbegründer des "Runden Tisch der Migranten" des
italienischen Sozialforums.
Geert Lovink, Amsterdam, ist Medientheoretiker und Gründer des
"Australian network for new media research and culture" und
der Mailinglisten nettime und fibreculture.
Loovink und Mezzadra fragen sich nach den Zusammenhängen von Kommunikations-
und Bewegungsfreiheit. Sie beschreiben, warum die Aktivitäten der
New-Media-Altivisten reale Ereignisse brauchen, um den virtuellen Raum
zu verlassen und als autonome Kraft spürbar zu werden. Loovink
erinnert daran, dass New Media eine utopische Idee zur Überwindung
von Identität im herkömmlichen Sinne war und hofft nach der
Postcrash-Paranoia daran wieder anknüpfen zu können, um das
Potential der neuen Medien auch für den realen Raum der sozialen
Bewegungen wirklich auszuschöpfen.
- There is nothing we can do! - Si, se puede!
Ohnmacht oder Aktivismus - Ansatzpunkte für politische Kämpfe
heute zwischen Krankenversicherung und Piratenfernsehen.
Franco Bifo Berardi, Rom, war aktives Mitglied der Potere operaio in
den 60er-Jahren, Gründer von Radio Alice 1976 und hat neben philosophischen
Veröffentlichungen zuletzt 2003 das "telestreet-tv-network
gegen die Medien-Diktatur" gegründet.
Valery Alzaga, Denver, ist Direktorin und Campaignerin der grössten
US-Dienstleistungsgewerkschaft SEIU, für die sie unter anderem
die in Los Angeles sehr erfolgreiche Kampagne "Justice for Janitors"
für Reinigungskräfte ohne Papiere organisiert.
Berardis politische Depression über die Hoffnungslosigkeit der
Lage in Italien (nach der Wirkungslosigkeit der Proteste gegen den Irak-Krieg
und Berlusconi) trifft auf die konkrete, pragmatische Aktivität
von Alzaga. Ihre Erfahrungen mit ganz konkreten kleinschrittigen Verbesserungen
lassen sie dafür plädieren, dass es Freiräume gibt, die
noch nicht kontrolliert sind in denen sich der Kampf nach wie vor lohnt.
Berardi erläutert, warum er glaubt, dass die reale Kraft der sozialen
Bewegungen davon abhängt, ob es ihnen gelingt die Kontrolle der
Medien-Diktator in der westlichen Welt zu brechen.
- Politics of Streaming - Grassroots tool or controlled
information channels?
Der Mythos frei gestreamter Information im Internet als Fernsehen-für-jeden
und Realität und Potential heute am Beispiel Süd-Ost-Europas.
Drazen Pantic, New York, ist Gründer von Radio B92, dem ersten
Internet Provider Serbiens, der Open Source Streaming Alliance und Betreiber
einer Digital Art Gallery in New York.Micz Flor, Berlin, ist Mitbegründer
von Media-Netzwerken in Ost-Europa und Asien und Entwickler von Open
Source Software und Online-Magazinen.
Ausgehend von einer der ersten Erfahrungen mit dem Streaming realer
politischer Informationen in Belgrad während der Anfänge Jugoslawien-Konfliktes
beschreibt Pantic die Möglichkeiten freier Nachrichtenprogramm
im Internet. Flor erinnert an die Relevanz von Netzwerken für die
Realisierung dieser Projekte. Beide relativieren den Optimismus der
ersten Projekte, beschreiben aber einerseits die neu entstehenden Netzwerke
(gerade auch in Süd-Ost-Europa) nach dem Abklingen der Euphorie
und andererseits das neue Potential der Technologie da sie nun einfacher
zugänglich ist.
> Presse
zu Raumkontrolle 4: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Telepolis
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